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Neben Alkoholproblemen ist bei älteren Menschen ein Suchtverhalten durch dauerhafte Tabletteneinnahme keine Seltenheit. Ohne Medikamente kommen Nervosität, Schlafprobleme und Schmerzen auf. Es entsteht das Gefühl, den Tag ohne Medikamente nicht bewältigen zu können. Die Abhängigkeit kann dabei psychischer oder körperlicher Natur sein.
Mit dem primären Suchtverhalten wird der Missbrauch und die Abhängigkeit von Alkohol und Medikamenten bezeichnet. Im Gegensatz dazu entwickelt sich die sekundäre Abhängigkeit nach einer Behandlung von Depressionen, Angstzuständen oder chronischen Schmerzen. In der Alterspsychiatrie werden einerseits Patientinnen und Patienten behandelt, bei denen eine Suchterkrankung bereits seit vielen Jahren bekannt ist. Diese leiden teilweise im Alter an körperlichen Begleiterkrankungen. Andererseits werden Patienten und Patientinnen behandelt, deren Suchtproblematik sich erst spät im Leben und oft in Folge der Behandlung anderer Erkrankungen entwickelt hat. Die häufigsten Ursachen für Sucht im Alter sind:
Ein primäres Suchtverhalten kann sich aufgrund einer angeborenen Veranlagung für eine Substanzabhängigkeit oder durch den negativen Einfluss des engen Umfelds entwickeln. Häufig führen Belastungssituationen zu einem erhöhten Konsum von Suchtmitteln. Doch auch ein Umfeld, in dem häufig Alkohol oder Tabletten konsumiert werden, begünstigt eine Sucht. Meist hat man lange Zeit das Gefühl, alles im Griff zu haben und die Substanzen jederzeit weglassen zu können. Plötzlich stellt man aber fest, dass dies nicht mehr geht. In Folge des dauerhaften Konsums können sich psychische Störungen und Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Schlafstörungen entwickeln. Diese verschlechtern sich oft beim Weglassen der Substanzen und sind dann sehr schwierig zu behandeln.
Bei älteren Menschen sind häufiger sekundäre Suchterkrankungen ein Problem. Diese entwickeln sich in Folge anderer Störungen und Symptome wie Schmerzen, Schlafstörungen, Angstzuständen oder Depressionen. Die Symptome dieser Erkrankungen wurden entweder selbst mit Alkohol oder Beruhigungstabletten behandelt oder die ursprüngliche ärztliche Therapie wurde unkontrolliert weitergeführt. In beiden Fällen entwickelt sich nach dauerhafter Einnahme eine psychische und je nach Substanz auch körperliche Abhängigkeit. Bei dieser ist das Weglassen der Substanzen mit schweren Gesundheitsfolgen verbunden.
Häufig überdecken andere Symptome wie Depressionen, Angst- und Schlafstörungen oder Schmerzen die Sucht. Bei solchen Patientinnen oder Patienten schauen wir ganz genau hing und fragen nach einem zugrundeliegenden oder begleitenden Suchtverhalten.
Der behandelnde Arzt befragt den Patienten zum Umgang mit Suchtmitteln, dem weiteren Befinden und Verhalten. Wenn nötig werden mit Einverständnis des Patienten auch dessen Angehörigen befragt. Zudem werden Herz- und Kreislauffunktion untersucht und Blutwerte bestimmt, die auf eine Schädigung des Körpers durch die eingenommenen Suchtmittel hinweisen. Häufig ist eine Suchtproblematik mit anderen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, chronische Schmerz- und Schlafstörungen verbunden. Ob solche Erkrankungen vorliegen wird in der Diagnose abgeklärt.
«Eine Suchtproblematik im Alter ist oft nicht leicht zu erkennen, da viele Symptome und andere Erkrankungen sie überlagern. Diese körperlichen oder auch psychischen Erkrankungen können nur gut behandelt werden, wenn gleichzeitig das Suchtproblem erkannt und konsequent mitbehandelt wird.»
PD Dr. Dr. Ulrich Michael Hemmeter
Chefarzt Alters- und Neuropsychiatrie, Leiter COEUR, Mitglied der Geschäftsleitung
Im Zentrum der Behandlung stehen Entzug und Entwöhnung wie auch eine längerfristige Rehabilitationsbehandlung als Prävention. Insbesondere bei Störungen mit Alkohol wie auch mit Schmerz- und Beruhigungstabletten wird (fast) immer eine Abstinenz durch Entgiftung angestrebt. Denn dadurch ist die Prognose wesentlich besser, als bei einer kontrollierten Einnahme. Wir bieten in der Psychiatrie St Gallen Nord Entzugsbehandlungen und stationäre Entwöhnungstherapien an.
Die medikamentöse Therapie (Pharmakotherapie) ist in der Entgiftungsphase zwingend, danach je nach Symptomatik angezeigt. Neben den diversen aufgeführten Therapien sind auch die chronobiologischen Therapien wie Lichttherapie, Wachtherapie, Schlaf-Wach-Management und das Training der Alltagsaktivitäten bedeutungsvoll. Weiter erachten wir als wichtig, körperliche und psychische Erkrankungen, die oft im Zusammenhang mit Sucht im Alter stehen, mit zu behandeln. Beispiele dafür sind etwa Hypertonien, kardiovaskuläre Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Atemwegserkrankungen oder Polyneuropathien.
Suchterkrankungen im Alter werden grundsätzlich in der offenen Spezialstation Haus A07 in Wil behandelt. Dort sind alle für die stationäre Behandlung erforderlichen Angebote verfügbar und werden von ausgewiesenen Fachpersonen durchgeführt. Ältere Patienten mit einer Suchterkrankung und gleichzeitiger Eigen- oder Fremdgefährdung müssen zunächst im Sicherheitsbereich der alterspsychiatrischen Aufnahmestation A08/1 behandelt werden. Nach Abklingen der Akutsymptomatik können sie auf die Spezialstation Haus 7 verlegt werden. Zusätzlich verfügen die Station Haus A07 sowie die Station A08/1 über integrierte Tagesklinikplätze. Die ambulante Versorgung erfolgt vorwiegend in den dafür eingerichteten alterspsychiatrischen Sprechstunden in den Ambulatorien Wil und St. Gallen. Behandlungsmöglichkeiten bestehen aber auch in den Ambulatorien Rorschach und Wattwil. Der alterspsychiatrische Konsiliar- und Liaisondienst ermöglicht die Behandlung in Alters- und Pflegeheimen unseres Versorgungsgebiets.
Chefarzt
Leitender Arzt Alters- und Neuropsychiatrie Wil
Leiter Zentrale Dienstleistungen Wil
Zürcherstrasse 30
9500 Wil
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